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Die erstmalige Verleihung der Marktrechte an Mitterteich

Auszug aus dem Vortrag von Heimatpfleger Robert Treml anläßlich der 500-Jahr-Feier zur erstmaligen Verleihung der Marktrechte an Mitterteich am 3. Mai 1501

Allen Mitbürgern ist sicher der leicht ironisch gemünzte Spruch bekannt, der da lautet: „Große Ereignisse pflegen ihre Schatten vorauszuwerfen“. Und wenn dann ein solch großes Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, liefert es den Menschen noch lange danach Gesprächsstoff und bilden sich Erinnerungen und Traditionen. Meist hinterläßt ein großes Ereignis auch entsprechende Spuren und bleibende Fakten. Und nach langen, runden Zeiträumen wird ein Jubiläum gefeiert, um an das große Ereignis von Zeit zu Zeit wieder zu erinnern. Somit schließt sich heute der Kreis über einen Rechtsakt, der vor genau 500 Jahren, am 3. Mai 1501 zweifellos als großes Ereignis statuiert wurde und den wir heute, nach Ablauf eines halben Jahrtausends versuchen zu fassen, zu beleuchten, darzustellen, einzuordnen und natürlich auch in festlicher Weise zu begehen.

Dabei handelt es sich um nichts geringeres, als um die erstmalige Erhebung des Dorfes Mitterteich zu einem Markt durch den Abt Georg I. Engel und den Konvent des Stifts Waldsassen, als dem damaligen Herrschaftsträger. Mitterteich - zentral am Schnittpunkt mehrerer wichtiger Handelswege gelegen - trat damit aus der Masse und Anonymität der zahlreichen Dörfer im weiten Stiftland heraus und erfuhr somit auch eine gewisse Aufwertung und Forcierung seiner Entwicklung, die natürlich im beiderseitigen Interesse lag.

Die erstmalige Marktrechtsverleihung an Mitterteich 1501

Abt Georg I. Engel stammte aus Tachau in Böhmen, war der Sohn eines Zinngießers, hatte in Leipzig studiert und war erfahren in der Arithmetik und Astronomie. Er beherrschte auch die tschechische Sprache. Als er 1494 sein Amt antrat, war das Kloster mit 9000 Gulden hochverschuldet. Als der Abt 18 Jahre später verstarb, waren alle Schulden beglichen und befanden sich nun 24.000 Goldgulden in der Klosterkasse. Darüberhinaus gab es im Kloster große Vorräte an Getreide, Wein, Früchten und Öl. So positiv dies klingen mag, muss aber der Abt bei seinen Mitmenschen und Zeitgenossen nicht sehr beliebt gewesen sein. Die Klosterchronik berichtet uns, dass er von mittlerer Größe war und schielend. Der Chronist fährt fort:
„Obgleich dem Prälaten Georg anfangs alles nach Wunsch ging, so mißglückte ihm nach wenigen Jahren Alles; denn er hatte viele Neider und Feinde; so viel Widerstand erduldete er, so viele Neckereien, als kaum Einer vorher. Er war bei den Rittern und Bürgern so verhaßt, dass auch der, der ihn nie gesehen hatte, ihn schon wegen der Schilderung Anderer haßte, und das gereichte nicht bloß dem Prälaten, sondern dem ganzen Kloster zum Schaden ...“

1499 rebellierten die Tirschenreuther gegen ihn und der Konflikt konnte nur mühsam wieder beigelegt werden. Im Dorfe Mitterteich hat man diese Vorgänge damals sicher aufmerksam und mit großem Interesse verfolgt und sich ein Herz gefaßt, das Kloster nun auch um mehr Rechte anzugehen. Mitterteich dürfte zu dieser Zeit wohl etwa 50 Familien mit rund 250 Einwohnern gezählt haben. So wurde man bei der stiftischen Verwaltung vorstellig und brachte das Anliegen vor. Man wird nun einige Male verhandelt haben und offensichtlich erzielte man dabei Fortschritte. Schließlich wurde im Frühjahr 1501 vom Klosterschreiber auf Geheiss des Abtes Georg und seines Convents ein Dokument ausgefertigt, mit dem das Dorf Mitterteich zum Markt erhoben, ihm also erstmals bestimmte Marktrechte verliehen wurden. Damit verbunden war die Erteilung eines Marktsiegels (das Bild rechts zeigt das Marktsiegel von 1501) und die Festlegung des Marktrains, auch Portigung genannt.
Leider konnte diese Urkunde bisher weder mehr im Original noch als Textfassung gefunden werden. Erhalten hat sich dagegen der originale Reversbrief vom 3. Mai 1501, also das Antwortschreiben, mit dem „Bürgermeister, Rath und (die) gantze Gemain des Marcktes zu Mitterteich“ die Verwandlung des Dorfes zum Markt bestätigen und die Portigung - also die Gemarkungsgrenzen - genau festgelegt werden.

Nachdem zur damaligen Zeit die meisten einfachen Menschen weder lesen noch schreiben konnten, muss man sich in Mitterteich für die Abfassung des Reversbriefes einen schreibkundigen Mitbürger gesucht haben, soweit nicht das Kloster einen solchen vermittelt hat.

Ich hatte kürzlich Gelegenheit, das auf Pergament geschriebene Originaldokument im Bayer. Staatsarchiv Amberg zu studieren und konnte davon auch eine vergrößerte Kopie bekommen.
Als Kurzfassung des Inhalts findet sich auf der Rückseite des Schreibens die Abgabe: „Das Closter Waldsassen macht aus dem Dorf Mitterteich einen Markht und gibt demselben ein Porttung, welche in diesem Instrumento specifice benanndt wirdet“.

So findet sich in der Urkunde eine ausführliche und wortreiche Beschreibung der Grenzraine und der 1501 bereits vorhandenen Rainsteine. Dabei werden zur näheren Bezeichnung der Örtlichkeit auch die angrenzenden Orts- und Flurnamen erwähnt, namentlich Hungerberg / Linberg (also Leonberg) / Großensterz / Rohrteich / Kleinsterz / Einsydel - Oberteich / Puechelberg / Steinpühl / Sandgruben und Pechofen. Die Grenzen sollten alle drei Jahre mit zwölf Mann - darunter auch mit jüngeren Leuten - begangen werden, um festzustellen, ob „Marksteine vergraben oder andere Zeichen abgegangen oder vertillget weren“. Die Instandsetzung sollte dann „mit Willen und Wissen unser gnedigen Herrschaft“ erfolgen.

Der Reversbrief schließt mit folgenden Zeilen:
„Damit auch zukünftige Irr vermieden pleipt. Des zu wahrer Vertrag und steter und vester Gewalltung haben wir unser Markts-Innsiegel nachstehend an diesen Brief gehangen. Darunter wir uns und für unsere Nachkommen verwenden, alles begriffen, treulich und stet zu halten, alls freie Leut gegen ihren ererbten natürlichen Erbherrn thun sollen. Geben nach Christi unseres lieben Herrn Geburt im Fünfzehnhunderstundainem Jar am Montag der erfindung des heiligen Creutzes.“

Um das genaue Tagesdatum in Erfahrung zu bringen, muss man den kirchlichen Kalender zu Rate ziehen. Das Fest der Auffindung des hl. Kreuzes wird in der römischen Liturgie seit Alters her am 3. Mai gefeiert, womit das Datum feststeht.

Irrungen und Wirrungen durch schlimme Zeiten

Doch - was 1501 mit der ersten Marktrechtsverleihung so hoffnungsvoll begonnen hatte, muss etliche Jahre später doch eine tiefgreifende Eintrübung und Ablehnung erfahren, ja sich ins Gegenteil verkehrt haben. Über die genauen Gründe können wir heute nur Mutmassungen anstellen. Eine tragische, ja verheerende Rolle spielten auch schon damals die Machtgelüste der Regierenden und ihrer Verbündeten.
Als nämlich Herzog Georg der Reiche von Bayern-Landshut am 1. Dezember 1503 ohne einen männlichen Erben verstarb, kam es wenig später zum sogenannten Landshuter Erbfolgekrieg zwischen den Wittelsbachern in der Rheinpfalz und dem Wittelsbacher Herzogshaus in München. Mit den Wittelsbachern in der Rheinpfalz verbündet waren die Markgräfler in Bayreuth und Wunsiedel, deren Söldner nun mehrfach über das Stift Waldsassen herfielen und das Kloster und die umliegenden Orte im Sommer 1504 unbarmherzig ausraubten und in Schutt und Asche legten. Das gleiche Schicksal mußte auch Mitterteich erleiden. Dass die Bewohner dabei verzweifelten und alle neugewonnenen Rechte und Freiheiten nun vorerst nutzlos wurden, liegt auf der Hand. Der erste Marktrechtsbrief von 1501 muss sich aber - trotz der Einäscherung des Ortes - erhalten haben, wie sich noch zeigen wird. Dass die gegnerischen Banditen damals vor nichts zurückschreckten und auf ihrem Beutezug ins Stiftland 1504 sogar die Kappelkirche in Brand steckten, beweist auch der Visitationsbericht von 1508, in dem die Kappel noch als „total verbrannt“ bezeichnet wird. 

Die Wende in dem bürgerkriegsähnlichen Geschehen brachte dann im Spätsommer 1504 der plötzliche Tod des Pfalzgrafen Rupprecht und seiner Gattin Elisabeth - „wie die Rede ging an beygebrachtem Gifte“. So kam es zwar wenig später zum Kriegsschluss, doch durch die ungeheuere Verwüstung des Landes blieben Elend und Not, Sorge und Leid bestehen und mussten die Menschen erst einmal recht mühsam ihre zerstörten Häuser und Anwesen wieder aufbauen. Die gleiche Misere galt auch für den ausgebrannten Klosterort Waldsassen. Allmählich kehrten aber die vor dem Feinde geflüchteten Mönche wieder nach Waldsassen zurück; sie widmeten sich als erstes dem Wiederaufbau von Kloster und Kirche und nahmen auch das Klosterleben wieder auf. Insgesamt waren es damals 15 Mönche, nämlich 12 Geistliche und 3 Laienbrüder.

Nachdem der Landshuter Erbfolgekrieg zu Ende war, schloss das Kloster 1505 mit dem Markgrafen Friedrich von Brandenburg ein Schutzbündnis, mußte dafür aber alljährlich um Martini beim Kastenamt auf Schloß Hohenberg 30 Kar Hafer im egerischen Maß abliefern. Mitterteich hatte dabei 3 Kar - also 27 Metzen - beizusteuern.

Die Verleihung des neuen Freiheitsbriefes von 1516

Etwa 10 Jahre nach dem verheerenden Überfall der Markgräfler auf das Stiftland mag wohl der Wiederaufbau auch in Mitterteich abgeschlossen gewesen sein und man entsann sich hier nun auch wieder der ursprünglichen Marktrechtsverleihung von 1501, die zwar noch Geltung besaß, von den Bewohnern aber offenbar jetzt nur noch als Ausbeutung und Nachteil empfunden wurde.

Inzwischen war 1512 Abt Georg Engel verstorben und das Stift hatte mit dem Abt Andreas Metzel aus Heidingsfeld ein neues Oberhaupt erhalten. An ihn und seine Verwaltung wandten sich nun die Bürger von Mitterteich, brachten ihre Anliegen vor und baten um Erteilung eines neuen Freiheitsbriefes. Da die Bitte wohl gerechtfertigt erschien, wurde sie schließlich auch gewährt und Mitterteich erhielt am 12. August 1516 zum zweiten Mal in seiner Geschichte - in verbesserter Form - die Marktrechte verliehen.

Entsprechend der Rechtsgepflogenheit der damaligen Zeit nahm auch jetzt die Bürgerschaft von Mitterteich wieder - wie schon 1501 - in einem Reversbrief vom gleichen Tag zu der neuen Marktrechtsurkunde Stellung und bestätigte sozusagen auf der Gegenseite alle verliehenen Rechte und Freiheiten. In der Einleitung dieses Reversbriefes gingen die Bürger ebenfalls auf die mißliche Vorgeschichte ein, als man schrieb:

„Nachdem der Hochwürdig in Gott Vatter, Weyland unser gnediger Herr zu Waldsassen Abbte Geörg seel. Gedechtnus sambst seinen Convent uns ein Gemain zu Mitterteuch villeicht in Bewegung unser Besserung Freyheit gegeben, die Uns aber wenig erspißlich, sondern Villmehr zur Streuung der Guetter gewest, darumben haben wir dieselben williglich dem Hochwürdigen in Gott Vatter und Herrn und den würdigen und geistlichen Herrn Endresen Abbte und den Convent zu Waldsassen Unsern gnädigen und günstigen liben Herrn wider heimbgeben und sye darauf mit fleis unterthäniglich gebetten, solten darin Einsehens haben und uns dieselbe nach den und unsern fehrnen Nuz und frommen in bessern Form zihen, welche unser Bitten haben sie bherzigt und auch aus besonderen Gnaden und Gunst so sye zu uns getragen, haben sye obbemelte unsere Freyheit übernommen und dieselben ganz und gar abgethann, und uns darauf mit anderen Freyheiten, Begnadungen und mit neuen Wandersrechten, wie hernach folget, gnedlich und gunstlich versehen ..“

Damit ist klargestellt, dass die erste Marktrechtsverleihung von 1501 im Laufe der Zeit einfach zu gering erschien und es - wohl wegen der hohen Abgabenlast - zu Unzuträglichkeiten kam und man sich schließlich 1516 mit dem nunmehrigen Abt Andreas Metzel nach entsprechenden Verhandlungen darauf verständigen konnte, die ursprünglichen Befugnisse wieder „heimzugeben“ und dafür neue, bessere und letztlich auch ausgewogenere Rechte und Freiheiten gewährt zu bekommen.

Die aufstrebende Entwicklung des Marktes Mitterteich und neue Probleme in der frühen Neuzeit

Eine zweifellos positive Folge der neuen Marktrechtsverleihung bildete schließlich auch die Verlegung des Richteramtes von Leonberg nach Mitterteich, wodurch der neue Markt sozusagen auch zum neuen amtlichen Verwaltungszentrum für die umliegende, zugehörige Region aufstieg. Wann sich diese Sitzverlegung vollzog, ist noch nicht näher untersucht worden; sie war aber um 1560 bereits vollzogen. Mit der Verlegung des Gerichtssitzes kam letztlich auch die wachsende Bedeutung des aufstrebenden Marktes zum Ausdruck. Doch waren dieser Entwicklung zeitweilig auch Rückschläge und Hemmnisse beschieden; schließlich lebte man ja - aus heutiger Sicht - in einer geradezu turbulenten Zeit.

Zur Verdeutlichung dazu drei Beispiele:

  • Nur ein Jahr nach der neuen Marktrechtsverleihung erhebt sich der Augustinereremiten-Mönch Martin Luther, um 1517 an der Schloßkirche zu Wittenberg seine 95 Thesen anzuschlagen und damit seine Empörung gegen den Ablasshandel der Kirche zum Ausdruck zu bringen. Mit dieser folgenschweren Auflehnung Luthers verbindet sich bekanntlich der Beginn der Reformation.
  • Im Jahre 1521 wütet eine furchtbare Pest in der Stadt Tirschenreuth und fast im ganzen Stift Waldsassen und raffte in einem einzigen Sommer etwa 5000 Menschen dahin. Doch der Probleme nicht genug:
  • Im Mai 1525 kam es auch im Stiftland zum sogenannten Bauernkrieg. Aufgestachelt durch den Pfalzgrafen Friedrich erhoben sich die Bauern. Am 12. Mai 1525 drangen 2000 bewaffnete Bauern in das Kloster ein, plünderten die Vorratskammern und drohten den noch verbliebenen Mönchen, sie zum Fenster hinauszuwerfen. Der im Vorjahr neugewählte Abt Nikolaus Seber war kurz zuvor unter Mitnahme der Klosterschätze nach Petschau in Böhmen geflohen. Auch die Bürger von Mitterteich waren an den Unruhen beteiligt, obwohl sie erst 1516 dem Kloster Treue und Gehorsam geschworen hatten. Pfalzgraf Friedrich erteilte dem Markt Mitterteich sogleich weitere gewünschte Freiheiten, wozu er aber rechtlich gar nicht befugt war. Auf den Einspruch des Klosters beim Reichskammergericht mußte der Pfalzgraf 1526 alle Beamten und Untertanen von dem erschlichenen Erbhuldigungseid wieder entbinden und wurden alle von ihm ausgestellten Freiheitsbriefe für null und nichtig erklärt. Damit blieb es für Mitterteich wieder beim letzten Freiheitsbrief von 1516.

Doch die Kurpfalz war auch - trotz dieser Misere - weiterhin auf die Erhaltung des Erbschutzes über das Stiftland bedacht. Als sich schließlich Abt Georg Agmann dem pfälzischen Schutz entziehen wollte und sich an den König von Böhmen wandte, ließ der Pfalzgraf 1537 den Abt gefangennehmen und vorübergehend in Amberg in den Fuchssteiner Turm werfen.

Das Zeitalter der Reformation

Damit ging jedoch die 400-jährige Ära der Äbte des ersten Klosters zu Ende und Waldsassen wurde nun bis 1560 von verschiedenen Administratoren regiert, bis schließlich das Kloster mit der Einführung der Lehre Luthers 1556 dem Ende entgegenging und der Konvent sich um 1560 auflöste.

Nach dem sogenannten Augsburger Religionsfrieden von 1556 hatten nun die Untertanen diejenige Religion anzunehmen, in der sich der jeweilige Herrschaftsträger befand. Da Kurfürst Ottheinrich bekanntlich 1556 das neue Bekenntnis annahm, mussten daraufhin die Gläubigen im Stiftland die neue Lehre annehmen und protestantisch werden.

Das Stiftland wurde - wie schon erwähnt - seit 1537 von Administratoren verwaltet. Der letzte von ihnen, Pfalzgraf Reichard, war darauf bedacht, sich den Untertanen gefällig zu erweisen. So gab er Mitterteich am 28. März 1568 eine neue Marktordnung und erneuerte am 9. Juni 1568 die Marktrechtsbefugnisse aus dem Jahre 1516.

Schon um 1560 hatten Bestrebungen eingesetzt, dass Mitterteich aus der Pfarrei Leonberg ausgegliedert und zur selbständigen Pfarrei erhoben wird, nachdem „... doch wir zu Mitterteich, vil ein bequemlichers Und größers Gotteshaus Erbauet haben, dan das zu Lienberg ist ...“ Wenige Jahre später erfüllte die pfälzische Landesregierung den Wunsch des Magistrats. So wurde im Zuge der reformatorischen Maßnahmen 1565 der Markt Mitterteich von der Pfarrei Leonberg abgetrennt und zu einer selbständigen, lutherischen Pfarrei erhoben. Der erste offizielle Pfarrer war Georg Khein (1567-1571). Ihm folgte dann Johann Reinmann, gebürtig aus Arzberg. Dieser wirkte in Mitterteich von 1571-1593. Er war verheiratet und hatte drei Söhne.

So sind wir nun unversehens in einem neuen Zeitalter - der Reformation - gelandet und durch den mehrfachen Religionswechsel mit neuen Sorgen und Problemen der Menschen konfrontiert, wozu auch noch herbe Schicksalsschläge traten. So ereignete sich 1590 ein großer Brand in Mitterteich. Dabei wurden über 90 Häuser eingeäschert. „Es prante der Markt Mitterteich sambt Kürchen, Rathaus, Schule und Bräuhaus aufn Grundt ab sowie all unsere Vorräte und Vermögen, mit Ausnahm einiger kleiner Häusl“.

In ihrer Not wandten sich die Mitterteicher hilfesuchend an ihren damaligen Landesherrn Pfalzgraf Friedrich IV. Er stellte ihnen am 18. Mai 1593 einen neuen Freiheitsbrief aus, mit dem nicht nur die vorhandenen Schulden nachgelassen, sondern auch die bisherigen Marktfreiheiten bedeutend vermehrt wurden.
Somit hatte nun Mitterteich im Laufe des 16. Jahrhunderts - also von 1501 bis 1600 - mindestens fünf verschiedene Freiheitsbriefe erlangt, zweifellos eine stolze Bilanz und darüberhinaus Ausdruck einer selbstbewußten, auf Eigenständigkeit bedachten Bürgerschaft, wobei jedoch

  • der erste Brief von 1501 später wieder zurückging und
  • der dritte Brief von 1525 als gegenstandslos erachtet wurde.

Man hatte also allen Grund, auf seine Marktrechte stolz zu sein. Doch leider währte diese Hoffnung nur wenige Jahrzehnte. Im Zuge des Dreissigjährigen Krieges kam es nämlich am 1. Januar 1632 zu jenem schrecklichen, durch Verrat begünstigten Überfall, der mit einem blutigen Gemetzel und mit geradezu katastrophalen Auswirkungen für Mitterteich endete. Der Markt wurde zur Strafe an vier Seiten angezündet, seine Mauern niedergerissen. Außerdem wurden alle Marktfreiheiten und Privilegien für erloschen erklärt und Mitterteich faktisch zum Dorf degradiert. Um diese Schmach und diesen Niedergang - der sich im Laufe des Dreißigjährigen Krieges noch mehrfach widerholte - zu überwinden, mußte man jahrzehntelang bitterste Armut, Leid und Not in Kauf nehmen. Erst nach langwierigen Prozessen und Verhandlungen erreichte man, dass erst am 22. April 1763 der bayer. Kurfürst Maximilian Joseph den neuen, langersehnten Freiheitsbrief für Mitterteich ausfertigen ließ, wobei dieser nun 24 Punkte umfasste. Dabei wurden die alten „Markhts-Freyheiten auf Verrufen und Wiederruffen ... gnädigst confirmiert und bestättiget ...“

Das tägliche Leben im ausgehenden Mittelalter

Damit wollen wir das große Thema der Marktrechtsgewährungen verlassen und nochmals einen Blick werfen auf das Leben und die alltäglichen Gegebenheiten der Menschen um 1500, als man sich bemühte, die erstmalige Marktrechtsverleihung für Mitterteich zu erlangen.

Charakteristisch für das Mittelalter war die Einteilung der Gesellschaft in die drei klassischen Stände, nämlich, den Wehr-, den Lehr- und den Nährstand, oder um das Kind beim Namen zu nennen: die Ritterschaft - die Geistlichkeit und die Bauern. Daneben gab es in den wenigen Städten oder größeren Orten auch die Handwerker, die sich in ihren Zünften organisiert hatten.

Die Bewohner des Stiftlandes waren zumeist bäuerlich oder handwerklich geprägt. Die Familien dieser Schichten lebten damals auf engem Raum, jedoch getrennt vom Vieh. Die Enge nahm im Winter zu. Wegen der Kälte rückte man noch näher zusammen. Die Häuser waren überwiegend aus Holz gebaut, die Dächer mit Stroh, Schilf oder Schindeln gedeckt. In den Häusern herrschte ziemliche Dunkelheit. Als Fenster gab es kleine Öffnungen, die durch Holzgitter gesichert waren und durch die wenig Licht fiel. Im Winter wurden diese Öffnungen wegen der Kälte mit Stroh abgedichtet. Die Fußböden bestanden aus gestampftem Lehm, die Wände aus rohen Balken oder Fachwerk. Die groben Türen hingen an Lederriemen oder Weidenruten. Die gemauerte Feuerstelle war offen; in manchen Häusern gab es einen Lehmofen. Der Rauch zog durch die Wandlöcher und durch die Türen ab. Bei Dunkelheit erhellten Kienspäne oder Talglichter notdürftig die Wohnungen. Verbrannter Talg, der Viehgeruch, die Körperausdünstungen der Menschen, der Rauch vom Feuer, vom Kochen - all das ergab eine Geruchsmischung, die man sich bei dieser Raumenge äußerst unangenehm vorzustellen hat.

Das Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung war ein Hirse- oder Haferbrei, der aus Holzgeschirr gelöffelt wurde. Brot wurde häufig ohne Hefe als Fladenbrot gebacken. Ansonsten kam Graubrot auf den Tisch. Zur Nahrung der Menschen zählte auch Gemüse, wie Bohnen, Linsen oder Erbsen, Butter, Käse und Fleisch, vor allem Schweinefleisch und Geflügel.

Meist waren es nur zwei Generationen, die da in einem bäuerlichen oder handwerklichen Haushalt unter einem Dach zusammenlebten. Der Tod war immer gegenwärtig. Die kräftezehrende Arbeit, Anfälligkeit bei Krankheiten, besonders in Hungerzeiten und fehlende medizinische Betreuung führten zu einer geringen Lebenserwartung. Sie lag bei der bäuerlichen Bevölkerung bei ca. 40 Jahren.

Die Familie war im Mittelalter patriarchalisch geordnet. Der Mann bestimmte die Arbeitsteilung, er entschied über den Anbau, über die Verteilung des Erwirtschafteten. Es ergab sich aus den Zwängen der bescheidenen Verhältnisse, dass alle Mitglieder der Familie, auch die Kinder in sehr frühem Alter, nach Kräften mitarbeiten mußten. Den Frauen oblag die leichtere Feldarbeit sowie die Arbeit im Haus und Hof. Sie versorgten auch das Herdfeuer, sie kochten, legten Vorräte an und erzogen die Kleinkinder.

Ein wesentlicher Aspekt für die Menschen in den Dörfern, Märkten und Städten war der Zaun um ihr Haus, die Mauern, Palisaden und Tore um die Orte. Die Einfriedung hatte Schutz- und Ordnungsfunktion und bot Sicherheit und Geborgenheit.

Die Kirche trat dem Bauern und Handwerker zunächst in Gestalt des Klerikers gegenüber. Im Stiftland waren dies der Abt und Convent des Stifts Waldsassen. Sie nahmen die Natural- und Geldabgaben entgegen. Die Begegnung zwischen den Geistlichen und dem einfachen Mann waren ansonsten auf wenige Gelegenheiten zwischen Taufe und Begräbnis beschränkt.  Nur der Mann besuchte den Gottesdienst, Frauen waren von ihm ausgeschlossen. Noch im hohen Mittelalter war das Netz der Pfarrkirchen auf dem Lande weitmaschig, die Wege zur nächsten Kirche mitunter sehr weit, wobei er im Falle von Mitterteich in den ersten Jahrhunderten nach Leonberg führte. Seit dem Laterankonzil von 1215 war vorgeschrieben, dass erwachsene Christen einmal jährlich beichten und das Abendmahl nehmen sollten.

Dabei sind die Härten und Entbehrungen des mittelalterlichen Lebens für uns heute nur schwer vorstellbar. Doch ist davon auszugehen, dass die Menschen damals ihre Mühsal mit anderen Augen gesehen haben. Das irdische Dasein galt ihnen als auferlegte Bewährungsprobe und Durchgangsstadium zum ewigen Leben. Der Glaube verlieh ihrer Existenz Halt, Ziel und Zuversicht.

So könnte man noch viel von der Lebensweise der Menschen im Mittelalter erzählen, aber auch von dem um 1500 sich abzeichnenden Umbruch und dem Übergang in eine neue Ära, die Reformation.

 

Quellen/Literatur:

01.     Staatsarchiv Amberg - Klosterurkunden Waldsassen - Reversbrief des Marktes Mitterteich vom 03. Mai 1501;
02.     Staatsarchiv Amberg - Klosterurkunden Waldsassen - Marktrechtsverleihungsurkunde des Stifts Waldsassen für den Markt Mitterteich vom 12. August 1516;
03.     Stadtarchiv Mitterteich - Abschrift der Marktrechtsurkunde und des Reversbriefes vom 12. August 1516
04.     Stadtarchiv Mitterteich - Abschrift der Marktfreiheitsurkunde vom 18. Mai 1593 und der Urkunde über die Wiederherstellung der Marktfreiheit vom 22. April 1763;
05.     Johann Bapt. Brenner: Geschichte des Klosters und Stiftes Waldsassen nach Quellen bearbeitet; erschienen 1837 bei Riegel und Wießner;
06.     Franz Binhack: Die Äbte des Cisterzienser-Stiftes Waldsassen von 1133 -1506 - Zweite Abteilung - Programm der K. Studienanstalt Eichstätt 1888/89, Druck von Martin Däntler, Eichstätt, 1889;
07.     Franz Binhack: Die Äbte der Cisterzienser-Abtei und des Stiftes Waldsassen von 1507 - 1648, nach gedruckten und ungedruckten Quellen - Programm der K. Studienanstalt Eichstätt 1890/91, Druck von Martin Däntler, Eichstätt 1891;
08.     Heribert Sturm: Historischer Atlas von Bayern - Teil Altbayern - Tirschenreuth, erschienen bei der Kommission für Bayer. Landesgeschichte, München, 1970;
09.     Heinrich Pauli u. a. Mitterteich im Wandel der Zeiten; Vereinigte Oberpfälzer Druckereien und Verlagsanstalt GmbH; herausgeben von der Stadt Mitterteich; erschienen 1986;
10.     Manfred Knedlik: Geschichte der katholischen Pfarrei Mitterteich, herausgegeben von der Stadt Mitterteich; erschienen 1990;
11.     Weigel- Wopper - Ammon: Ambergisches Pfarrerbuch; erschienen 1967 im 1967 im Verlag Lassleben, Kallmünz;
12.     Dr. Rudolf Langhammer: Waldsassen - Kloster und Stadt, 1. Band, Aus der Geschichte der ehedem reichsunmittelbaren und gefürsteten Zisterzienserabtei bis zur Reformation, herausgegeben von der Stadt Waldsassen, erschienen 1936 im Kommissionsverlag Albert Angerer, Waldsassen
13.     Hans F. Nöhbauer: Die Chronik Bayerns, erschienen 1987 im Chronik-Verlag Dortmund;
14.     Matthias Edbauer u. a.: 2000 Ereignisse aus 2000 Jahren - Höhepunkte der Geschichte; erschienenen 1999 als Trautwein Lexikon-Edition im Compact Verlag München;
15.     Rolf Toman: Das hohe Mittelalter - Besichtigung einer fernen Zeit, erschienen 1988 im Benedikt Taschen Verlag in Köln.

Für die aufgeschlossene Mithilfe bei der Archivbenützung gilt ein herzliches Wort des Dankes Herrn Josef Lang bei der Stadtverwaltung Mitterteich und Herrn Stoiber beim Bayer. Staatsarchiv Amberg!

Bildmaterial: Ulla Baumer, Hubertus Krämer
Zusammenstellung: Hubertus Krämer

Der gesamte Vortrag ist in der Festschrift enthalten, die zum Jubiläum herausgegeben wurde.
Diese Festschrift kann bei der Stadt Mitterteich zum Preis von EUR 1,- (+ Versandgebühren bei Bestellung) erworben werden.

Kontaktadresse: Tourist Information der Stadt Mitterteich, Kirchplatz 12, 95666 Mitterteich
Telefon:  0 96 33 - 89 123  •  eMail:  touristinformation.mitterteich@gmx.net

Robert Treml

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Marktsiegel von 1501

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Marktsiegel von 1516 im Original

 

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